Was ist, wenn all das, was in Büchern über Drachen steht, falsch ist? Was, wenn ein Drache zwar Feuer speien kann aber auch charmant ist und belesen? Was, wenn er zwar eine riesige Echse mit Flügeln ist, aber Schach spielt und gern Crème brûlée genießt, anstatt Feuer spuckend zu toben?
Ein Glück, dass Kenny der Kaninchenjunge mit kindlicher Neugier den Hügel hinauf steigt, um das Wesen aus der alten Welt mit eigenen Augen zu sehen, das dort auf der Schafweide seiner Eltern gelandet ist. Ein Drache vor seiner Haustür! Es scheint so irreal, dass er sich sofort davon überzeugen muss. Kenny hat Angst, aber er nimmt all seinen Mut zusammen und verlässt, bewaffnet mit Tierbuch, Besen und Topfdeckel, das Haus. Nicht nur die Kleinen, auch vorlesende Eltern halten bereits an dieser Stelle die Luft an.
„Dann musterte Kenny wieder das Tier vor seiner Nase. Es war ein wenig molliger und hatte mehr Fell als das in dem Buch. … Schließlich klappte er das Buch zu und verstaute es in seiner Tasche. Diese Bewegung veranlasste das mächtige Tier, ein großes goldenes Auge aufzuschlagen. Kenny blieb mit offenem Mund stehen und rührte sich nicht.“
Kenny ist ein bisschen anders als die Jungen seines Alters. Er liest ein Buch nach dem anderen, seine Hausaufgaben für die Schule erledigt er mit Fußnoten und Literaturverzeichnis. Dabei ist er kein nerviger Streber, sondern schüchtern und zurückhaltend. Märchen und Naturkunde sind seine Lieblingsfächer. Seine Eltern sind liebevoll, sie vertrauen ihm und seine Mutter weiß wie man mit wohlschmeckendem Gemüseeintopf Gemüter beruhigt. Kennys bester Freund ist Georg, ein gealterter Dachs, mit dem er Schach spielt und in dessen Buchhandlung er stöbern darf. Aber Georg hat auch ein früheres Leben, das bisher niemand für bare Münze genommen hat. Er war erster und bester Drachentöter des Königs…
Als sich bald herum spricht, dass ein Drache in Rundbach gelandet ist, geraten die Dorfbewohner in hellste Aufruhr. Ängste werden geschürt, Groll wird laut und bald sind sich alle gewiss, von der Teufelsbrut, die sich auf dem Hügel einnistet, gefressen zu werden.
Kenny fällt in dem ganzen Tumult unerwartet eine zentrale Rolle zu. Er, der schüchterne kleine Kaninchenjunge, ist scheinbar der einzige, der Grahame den Drachen vor dem voraus eilenden Angriff der Dorfbewohner schützen will. Doch schafft er es, die Meute zurück zu halten?
Es ist eine Geschichte über Vorurteile und Freundschaften, über das Halten von Versprechen und vom Mutigsein. Zuletzt geht natürlich alles gut aus, was man auch beim Lesen an besonders verzwickten Stellen spürt, getragen von einer märchenhaften Erzählweise. DiTerlizzi kann nicht nur die Spannung von Kapitel zu Kapitel steigern, ohne dabei auf Witz und Augenzwinkern zu verzichten. Wunderschöne Bilder begleiten auch die Seiten und machen das Selbstlesen und Vorlesen zur reinsten Freude.
Für Kinder ab 6 Jahren
ISBN: 978 3 570 13815 1
[Werbung] Kenny und der Drache
Kommentar verfassen