Zsuzsa Bánk: Schlafen werden wir später

Habt ihr auch ein „Wohlfühlbuch“?

Eine Ära geht hier zuende. Mein, wie ich es nenne, „Wohlfühlbuch“, ist von mir ausgelesen. Fast fünf Jahre hat es mich begleitet, und zwar immer dann, wenn ich dieses Loch, füllen musste, das zwischen einem Buch und dem nächsten liegt, oder wenn ich noch kein neues Buch hatte, beziehungsweise nicht wusste, was ich als nächstes lesen möchte.

Immer dann habe ich zu diesem Roman gegriffen, wie zu einem Paar bequemer Hausschuhe. Durch Zsuzsa Bánks ganz besonders poetische Sprache hat es sich nicht „in einem weg“ lesen lassen, sondern forderte viel Zeit und Muse. Dabei hatte ich zu Beginn damit gehadert, dass es als Briefwechsel strukturiert ist. Dieser gleichbleibende Perspektivwechsel zwischen zwei Personen fordert ständige Denkpausen, ein gedankliches Umschalten und… eben Zeit.

Die Geschichte:
Zwei Frauen, zwei Leben und ihre innige Freundschaft. Die eine – Johanna Messner – kinderlos und ohne Partner, ist Lehrerin im Schwarzwald. Die andere – Marta Horwarth – hat drei Kinder und Partner, sie lebt in Frankfurt. Beide sind um die 40 und das Leben stellt sie vor Aufgaben, bringt ihnen Schicksalsschläge und sie fragen sich, ob sie jetzt an einem Wendepunkt stehen und was das Leben noch für sie bereit hält. Keine große Story, doch enthält der Roman so viel von dem, was das Leben bringen kann, so ganz nah am Sein.

„Liebste Jo, […] Mia hat mich gefragt, mit ihrer zartsüßen, leichtverklebten Honigstimme, ob ich schon etwas anderes gewesen sei, etwas anderes gearbeitet hätte – die unzähligen, endlosen Möglichkeiten unseres Lebens, in ihrem klugen Köpfchen mit den unverbaut freien Denkpfaden gibt es sie, als könnte ich in diesem Jahr das eine, im nächsten Jahr das andere sein, als könnten wir wechseln in dem, was wir sind und sein wollen, als brauchten wir uns nicht festzulegen, als könnten wir weiterspringen und uns immerzu neu am Leben versuchen. Früher, weit, sehr weit zurück in einem Früher, in dem es Dich und mich schon nebeneinander gab, hatte ich das auch gedacht, ich muss diesen Gedanken verloren und nicht weiter nach ihm gesucht haben.“

Ich habe mich so lange an die beiden gewöhnt, sie sind jetzt ein Teil von mir und zum ersten Mal in meinem Leben wünsche ich mir, ein Buch würde weiter, einfach immer weiter gehen. Ich will zurück in die Nacht, ich will lesen, was Marti schreibt und was ihr Jo darauf antwortet, denn Schlafen können wir später noch, das „Knistern in den Lebensfäden“ ist laut.

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